Reisebericht 18 / Kathmandu (nach Heimurlaub) - Mahendranagar ( im Westen von Nepal) / 11. Juli 2015 - 21. Juli 2015
Kilometerstand: 41'600km (Total 170'200 km)
Reiseroute: Kathmandu, Chitwan National Park, Butwal, Bardya National Park, Mahendranagar
Zurück in Nepal
Wie haben wir die 2-monatige Auszeit in der Heimat genossen. Einfach in ein Land zurück zu kehren, wo man nur den Wasserhahn aufzudrehen braucht, um kaltes und warmes Wasser in Trinkqualität zu bekommen, Freunde und Familie zu besuchen, sowie die saubere Luft in den Bergen einzuatmen.
Nun sind wir zurück in Nepal und leben unseren Traum vom Reisen weiter. Wir empfinden eine tiefe Dankbarkeit, dass wir die Welt in unserem fahrbaren Untersatz sehen dürfen. Die Reisefreiheit, die uns bei der Geburt in die Wiege gelegt wurde, ist ein wunderbares Privileg.
Doch die Realität holt uns schnell ein. Wir haben Kathmandu kurz nach dem verheerenden Erdbeben verlassen und schon auf dem Weg vom Flughafen zum Suri sehen wir schnell, viel hat sich in der Zwischenzeit nicht verändert. Punktuell ist die Stadt ist ein einziges Trümmerfeld. Beschädigte Häuser wechseln sich ab mit total zerstörten Gebäuden, wo nur noch die Grundmauer steht. Inmitten der Stadt ist die asphaltierte Strasse aufgerissen wie nach einem Bombenangriff. Auf jeder freien Fläche stehen Zelte, wo die obdachlosen Erdbebenopfer eine einstweilige Bleibe gefunden haben. Wir fragen uns, wo ist nur das viele Geld nach all den Sammelaktionen hingeflossen. Leider, und das muss hier gesagt werden, fliessen regelmässig riesige Beträge dieser gutgemeinten Geldbeträge in dubiose Kanäle. 80% wird für die Administration gebraucht, sowie für Logistik, Zoll, Bestechung und Korruption. Am Schluss bekommt die bedürftige Person von anfänglich 100.- nur noch 20.- All das hören die vielen Hilfswerke natürlich nicht so gern, denn wenn das publik wird, wer spendet da noch?
Erdbebenhilfe
Zu diesem Thema ein kleiner Rückblick. Als wir vor 2 Monaten in der Schweiz angekommen sind bat uns die Redaktion der lokalen Zeitung um ein Interview, um über unsere persönlichen Erlebnisse im Erdbebengebiet zu berichten. (siehe unter Tipps / Zeitungsberichte / Erdbeben in Nepal) In Folge dessen, bekamen wir von Freunden einen namhaften Betrag mit der Bitte, dieses Geld direkt den betroffenen Leuten der Erdbebenkatastrophe in die Hand zu drücken, um ihnen beim Wiederaufbau zu helfen. Schlussendlich waren das über 7000 Dollar.
Zurück in Nepal diskutierten wir lange mit Buddhi, dem Chef der Garage, wo wir unser Auto unterstellen konnten, wie wir die Gelder am Nachhaltigsten einsetzen können. Einfach in ein krisengeschütteltes Dorf fahren und den Opfern Geldscheine aushändigen, birgt gewisse Risiken. Erstens ist das Bewilligungspflichtig und zweitens gibt es sicherlich Neider, oder solche die sich benachteiligt fühlen und uns bei der Regierung anschwärzen könnten. Darum kommt diese Variante nicht in Frage. Somit entscheiden wir uns, ein kleines Dorf von 8 Familien zu unterstützen. Diese Kommune lebt etwa eine Stunde südlich von Kathmandu direkt an einem Berghang. Zusammen mit Buddhi und einem Mitglied der Dorfgemeinschaft fahren wir dorthin, um uns selbst einen Überblick zu verschaffen. Und tatsächlich. Jedes der 8 Häuser ist stark beschädigt oder total vom Erdbeben zerstört. Die ganze Dorfgemeinschaft lebt in provisorisch eingerichteten Zelten. Das Betreten der baufälligen Häuser ist lebensgefährlich. Der Dorf Älteste meint: "Wir haben vom "Roten Kreuz" Zeltplachen und Reis bekommen aber kein Geld für einen Wiederaufbau unserer Häuser. In diesem Dorf leben alles arme Leute die von der Landwirtschaft und gelegentlichen Jobs leben. Die Häuser müssen abgerissen werden, da sie nicht mehr zu reparieren sind. Doch von wo sollen wir das Geld nehmen? Unser kärglicher Verdienst reicht gerade zum überleben."
Nun sind wir überzeugt, die Gelder aus der Schweiz sind hier richtig eingesetzt. Als erstes verteilen wir die gespendeten Kleider. Jeder Pullover wird sofort angezogen, die Kappe übergestülpt und die Hose neugierig beäugt. Als nächstes geht es an die Verteilung der nepalesischen Rupie. Die Tochter des Dorf Ältesten macht Genauestens Buch. Jede Familie tritt hervor und erhält von uns als Starthilfe umgerechnet 300 Dollar, was insgesamt 2400 Dollar macht. Wir haben abgemacht, dass wir in etwa 2 bis 3 Monaten ein Mail mit angehängten Bildern bekommen, das den Fortschritt beim Wiederaufbau dokumentiert. Buddhi, unser Vertauensmann vor Ort, der auch das restliche Geld verwaltet, wird daraufhin im Dorf einen Augenschein nehmen und das Ganze kontrollieren. Wenn alles so ist wie versprochen, wird die nächste Tranche von 2400 Dollar ausbezahlt und später nach dem Selben Prozedere, den Restbetrag. Wir glauben, das ist der richtige Weg und die gespendeten Gelder sind sinnvoll und nachhaltig angelegt. Auf jeden Fall kommt jeder Rappen dieses Betrages direkt den Opfern zu Gute. In diesem Sinne nochmals ein herzliches Dankeschön an die grosszügigen Spender in der Schweiz.
Patenschaft
Auf unserer ersten Tour in Südamerika haben wir in Chile den Davoser Hans-Ueli kennengelernt. Nun arbeitet er als Volunteer in einem Hilfswerk in Kathmandu. Da wir noch ein paar Kleinigkeiten für Ihn mitnehmen, treffen wir uns im Hauptquartier der Hilfsorganisation, der ROKPA Foundation und er erzählt uns von einem weiteren Projekt, der "Snow Lion Foundation". Dieses beschäftigt sich hauptsächlich mit der Ausbildung von Tibetischen Flüchtlingskindern. Da die Eltern mehrheitlich in Flüchtlings Camps leben und alle grosse Probleme mit den finanziellen Anforderungen des Alltags haben, ist die Finanzierung des Schulgeldes alles andere als gesichert. Somit vermittelt die Organisation sogenannte Patenschaften, damit sich die Eltern nicht mehr Sorgen über die Begleichung des Schulgeldes machen müssen. Da wir überzeugt von der Organisation sind, der Direktor der Schule ist übrigens ein Lama, ein tibetischer Priester, entschliessen wir uns, für 2 Kinder die Patenschaft zu übernehmen. Schon am nächsten Tag treffen wir uns mit den Kindern und Ihren Eltern auf ein Kennenlern-Gespräch und sind sofort überzeugt, dass wir das Richtige tun. Ruth übernimmt die Patenschaft für den 10-jährigen "Ngawang Gytso" und ich für das 5-jährige "Dekyi Wangmo". Der Bub lebt und schläft in der "Namgyal Middle Boarding School" und das kleine Mädchen wird jeden Tag von seinen Eltern abgeholt, da sie nur unweit der Schule in einem Flüchtlings Camp leben. Tags darauf statten wir der Schule einen Besuch ab, wo "Ngawang" die 5 Klasse besucht. Alle Schüler sitzen mit Krawatte und Schuluniform auf ihren Bänken und lösen höchst konzentriert Mathematik Aufgaben. Leider ist der Schlaftrakt durch das Erdbeben dermassen in Mitleidenschaft gezogen worden, dass er vorübergehend unbewohnbar ist. Somit schlafen die Buben sobald es einnachtet auf Matratzen im Esssaal und die Mädchen in provisorischen Zelten. Viel wird improvisiert, denn die finanziellen Mittel sind äusserst bescheiden. Doch es herrscht eine fröhliche Stimmung und alle haben stets ein Lächeln auf den Lippen. Anschliessend besuchen wir noch die Schule von "Dekyi". Sie befindet sich am andern Ende von Kathmandu und somit müssen wir uns wieder durch den chronisch überladenen Verkehr der Metropole kämpfen. Dort angekommen werden wir vom Schulleiter herzlich begrüsst und herumgeführt. Das Schulhaus meines neuen Patenkindes ist so stark beschädigt, dass es abgerissen werden muss. Somit findet der Unterricht in behelfsmässig hergerichteten Unterkünften statt. Sie sehen aus wie kleine Tunnels, die mit Wellblech überdacht sind. Meistens sitzen darin etwa 8 Mädchen mit ihrer Lehrerin auf dem Boden und büffeln in der Gluthitze des abstahlenden Bleches Englisch. In der Schweiz würde sich jeder über die unmenschlichen Bedingungen fürchterlich aufregen, doch hier sind alle froh, dass sie überhaupt die Gelegenheit zum lernen bekommen. Denn nur mit einer guten Schulbildung ist für eine bessere Zukunft gesorgt.
Chitwan National Park
Die letzten 4 Nächte verbrachten wir immer zwischen Abbruchautos und ölverschmierten Ersatzteilen in der Freiluft Garage von "Buddhi". Da wir noch einmal frische und kühlere Luft tanken wollen, fahren wir auf den nahen Aussichtsberg "Nagarkot". Um dorthin zu gelangen, muss die ehemalige Königs-Stadt "Bhaktapur" durchquert werden. Diese Gegend mit seinen alten Häusern wurde besonders stark vom Erdbeben getroffen. Voller Entsetzen sehen wir links und rechts der Strasse immer noch total zerstörte Gebäude wie nach einem Meteoriten-Einschlag. Manche Häuser stehen noch, sind aber so stark beschädigt, dass der kleinste Windhauch genügen würde, um sie vollends einstürzen zu lassen. In den europäischen Medien ist das Thema schon längst vergessen und hat dem Griechenland Theater Platz gemacht, doch hier haben die Menschen tagtäglich mit ihrem Überleben zu kämpfen. Es ist einfach nur tragisch doch das Leben geht weiter.
So auch für uns. Nach einer angenehm kühlen Nacht auf dem 2000 m hoch gelegenen Aussichtsberg fahren wir endgültig in die schwüle Ebene Nepals, mit dem Ziel "Chitwan National Park".
Es ist heiss, sehr heiss. Der Schweiss rinnt uns trotz Fahrtwind den Rücken hinunter. Wir befinden uns im westlichen Terai, dem Tiefland von Nepal. Es ist das Herz des Dschungels, von wo übrigens der Name "Chitwan" National Park abgeleitet wurde. Es ist der meistbesuchte Park in Nepal und dementsprechend auch überlaufen. Doch nun herrscht keine Saison. Es ist die dunstige, schwül-heisse Zeit und so können wir dem Touristenstrom ein Schnippchen schlagen und haben den Park fast für uns allein. Da es zu heiss ist, um im Suri zu übernachten, quartieren wir uns in Sauraha in einer Lodge ein, die uns dank Air Condition einen kühlen Aufenthalt verspricht. Doch falsch gedacht, wir befinden uns immer noch in einem Drittweltland. Regelmässig fällt der Strom aus und damit nicht nur die AC, sondern auch der Fan an der Decke. Auch draussen sitzen nützt nichts, da natürlich kein Lüftchen weht.
Doch die Nepalis wissen sich zu helfen. In der Zwischenzeit gibt es bereits ein "App", das die "Stromlose Zeit" anzeigt, da diese täglich ändert. Doch wie man dadurch eine florierende Industrie oder nur ein halbwegs funktionierenden Handwerksbetrieb aufbauen kann, bleibt mir schleierhaft.
Strom hin oder her, auf dem Rücken eines Elefanten bleiben wir von den Kapriolen des Stromnetzes verschont. So trotten wir majestätisch auf dem Nacken des grauen Riesen, zusammen mit unserem Mahud durch den Dschungel, um die Tierwelt zu erkunden. Es fängt an zu donnern und schon bald entlädt sich ein starkes Gewitter über uns. Die schweissnassen T-Shirts sind nun völlig vom angenehmen Regenwasser durchtränkt. Welch eine Wohltat. Wir reiten an Rudeln von Hirschen vorbei, sehen etliche Pfaue am Wegesrand, fremdartige Vögel fliegen über unseren Köpfen und schon bald sichtigen wir das erste Nashorn mit seinem Jungen. Aus nächster Nähe beobachten wir das mächtige Tier mit seinem drolligen Nachwuchs, wie sie gemächlich das Gras ausrupfen. Es gibt wieder über 400 Nashörner im Chitwan, nachdem etliche von ihnen im letzten Bürgerkrieg von Wilderern erlegt wurden. Auch gibt es etwa 100 Tiger im Park und einige Lippenbären, aber von diesen ist in dieser Jahreszeit nichts zu sehen.
Am Abend im Dorf sind wir Zeuge eines aussergewöhnlichen Schauspiels. Gemütlich schlendern wir über die staubige Hauptstrasse, als wir plötzlich im Hintergrund ein Geschrei hören. Doch nicht schon wieder ein Erdbeben, ist unser erster Gedanke. Wir trauen unseren Augen kaum. Da kommt doch tatsächlich ein riesiges Tier von einem Nashorn laut schnaubend auf uns zugeschossen und das mitten in der Einkaufsmeile von Sauraha. Schnell drücken wir uns an die nächste Hausmauer und schon stampft das massige Tier an uns vorüber. "Kommen wohl noch mehr Tiere, oder gar eine ganze Herde"? fragt mich Ruth. Vorsichtshalber verschanzen wir uns hinter der Theke des nächsten Lebensmittelladens. Doch die Lage bleibt ruhig und wir kommen langsam aus unserem Versteck raus. Mit Nashörnern ist nicht zu Spassen. Die Tiere haben die Angewohnheit, gegen alles anzurennen, was sie als Bedrohung empfinden. Wenn ein Nashorn angreifen will, senkt es den Kopf und macht einen Schritt zurück. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, im Zickzackkurs davonzurennen und ein Kleidungsstück wegzuwerfen. Das Nashorn wird stehen bleiben, um daran zu riechen, soweit zur Theorie. Bei uns hinter der Theke bleibt die Lage ruhig und langsam gehen wir nach draussen. Entwarnung, keine weiteren Nashörner. Wie wir später erfahren, vergeht kaum ein Jahr ohne ein bis zwei tödliche Zwischenfälle.
Am nächsten Tag brauchen wir eine Erfrischung. Was eignet sich da besser als ein Elefantenbad. Täglich um die Mittagszeit werden zahlreiche Elefanten zum Ufer des "Rapti" geführt und gründlich abgeschrubbt und danach kommen wir an die Reihe. Zusammen mit dem Elefantenführer sitzen wir auf dem Rücken des Tieres inmitten des trüben Flusses. Mit dem Rüssel saugt er ca. 10 Liter der braunen Brühe ein, um sie kurz darauf über uns zu spritzen. (siehe Video) Es ist ein Riesen Gaudi und beim abschliessenden runterrutschen muss man mächtig aufpassen, dass man nicht unter dem Dickhäuter eingeklemmt wird.
Auf der anschliessenden Kanufahrt sehen wir entspannt etliche "Mugger"- und die spitzschnauzigen "Gaviales" Krokodile, die sich genüsslich auf den Sandbänken sonnen und zahlreiche exotische Vögel sitzen auf den Ästen über dem Fluss.
3 Tage später verlassen wir endgültig den Chitwan N.P. mit dem Ziel "Bardia" N.P. Dieser Park ist das grösste Gebiet unberührter Natur, das im Terai erhalten geblieben ist. Von allen Park's ist hier die Aussicht einen Tiger zu sehen am Grössten. Doch "Santa", unser Guide und Manager vom "Samsara Safari Camp" meint: "In der Regenzeit bleibt ihr mit dem Jeep im Morast stecken und die Tiger verstecken sich meistens im Dickicht. Am ehesten seht ihr Leoparden und wilde Elefanten direkt von eurem Bungalow aus wenn es einnachtet. Letztes Jahr wurde ein Kind direkt hier am Fluss vor den Augen seiner Mutter von einem Krokodil angefallen und in den Fluss gezogen". Das tönt ja alles sehr vielversprechend!
2 Tage später sind wir schon an der Grenze zu Indien. Wir haben genug von der Hitze und wollen so schnell als möglich in die Bergregion des indischen Himalaya. Unser Ziel ist der berüchtigte Manali-Leh-Highway nach Ladakh, mit seinen höchsten Pässen der Welt. Hier befinden sich einige der spektakulärsten Klosteranlagen inmitten einer lebensfeindlichen Felswüste des Himalaya. Ob wir die Höhe über 5400 Meter ertragen werden und was unser treues Gefährt dazu sagt, das im nächsten Bericht.
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