Reisebericht 25 / Panama City ( Panama) - Zipaquria (Nähe Bogota) / 8. August 2010 - 22. August 2010 / km 52'500 - km 54'400
Reiseroute: Cartagena, Barranquilla, Santa Marta, N.P. Tairona, Riohacha, Maicao, Valledupar, Aguachica, N.P. Los Estoraques, (beim Dorf La Playa de Belen), Giron, Barichara, Villa de Leyva, Zipaquira.
Im Lande des Pablo Escobar
Heute, am 8. 8. 2010 betreten wir erstmals südamerikanischen Boden. Unser Suri ist noch auf dem Frachter „Oberon“ unterwegs nach Cartagena, Kolumbien.
Was hört man nicht alles aus den Massenmedien über dieses Land - Kokainkartelle, Gangsterbanden, Waffenschmuggel, Bürgerkrieg und Entführungen-!
Trotzdem, wir freuen uns. Denn alle bisherigen Länder, jeder Tag waren anders und der Reiz einer solchen Reise liegt in seiner Abwechslung. Dennoch, manchmal fragen wir uns:
Ist es ein Wagnis? Zweifellos!
Zuviel Risiko? Vielleicht!
Doch wünschen sich nicht auch jene, die solche Argumente hervorbringen, im Geheimen genau das? Ist es nicht so, dass in jedem von uns ein ungeheures Feuer nach ungewöhnlichen Erlebnissen brennt?
Der kleinste Ansatz von Verwirklichung ist besser als ein nicht realisierter Traum!
Also dreht am Globus! Die Welt ist gross, lasst uns Neuland entdecken!
Viele fragen sich, wieso fahren sie nicht einfach von Panama nach Kolumbien, da diese zwei Staaten doch Nachbarländer sind?
Schön wärs, aber zwischen den beiden Ländern existiert keine einzige Strasse. In beiden Staaten geht die direkte Verbindung in eine Piste über, die dann irgendwo im Sumpfgebiet des „Darien“ endet. Immer wieder wird über eine Strasse diskutiert, aber der Aufwand durch den undurchdringlichen Dschungel ist einfach zu gross. Ein weiterer Grund sind die Guerillas, die in diesem Gebiet operieren und die vielen Paramilitärs. Auch die USA würden es nicht begrüssen, wenn durch eine Strasse der Drogentransport von Kolumbien nach Norden vereinfacht würde.
Das ist der Grund, dass alle Reisenden von Nord nach Süd oder umgekehrt, die Mühen einer Verschiffung auf sich nehmen müssen.
Wir haben noch ein paar Tage Zeit, bevor wir unser Wohni abholen können und erkunden in dieser Zeit Cartagena. Mit dem Taxi fahren wir in die Altstadt, die immerhin Weltkulturerbe der Unesco ist und quartieren uns in einem gemütlichen Hotel ein. Die alte Kolonialstadt begeistert uns sehr mit ihrem Charme der bunten Häuserfassaden, kunstvollen Balkongeländer und geschäftigen Strassenverkäufern. Kaum eine Strasse innerhalb der Stadtmauern, die nicht einen Blick verdienen würde.
„Senior, möchten sie gerne einen Tinto?“ fragt mich ein Händler und schenkt mir sogleich einen kleinen, süssen aber aromatischen Kaffee ein. Hier wird Kaffee nicht nur angebaut, sondern auch genüsslich von den Einheimischen selbst getrunken.
Hafen-Prozedere
Langsam wir es Zeit, unser Suri aus dem Hafen zu holen. Für alle die es interessiert, hier ein paar Details:
-mit dem Taxi fahren wir zur Agentur, um unser Original „Bill of Lading“ abzuholen. Natürlich ist es um 11.30 Uhr gerade Mittagszeit, die von 12.00 – 14.00 dauert. Also am Nachmittag wieder kommen.
-Nun kann das „Bill of Lading“ gedruckt werden und wir müssen zum 7 km entfernten Zollgebäude um eine Inspektion des Fahrzeuges zu beantragen. Das dauert eine Stunde und es müssen etliche Kopien erstellt werden. Nebenan steht ein Kopierer, aber trotz mehrmaligem fragen ist der nur für den internen Gebrauch. Also raus aus dem Gebäuden um die Ecke und Kopien erstellen.
-Heute geht nichts mehr, aber wir bekommen einen Thermin für morgen früh um 8.00 Uhr.
-Am nächsten Tag müssen wir am Hafen zuerst die Hafengebühr bezahlen und anschliessend zum Inspektor. Doch jener ist trotz Mithilfe des Büro- und Hafenpersonals nicht ausfindig zu machen. Also mit dem Taxi wieder zurück zum Zoll, der natürlich am andern Ende der Stadt ist und nachfragen, wo der ist!
-Jetzt laufen die Telephone heiss, doch dieser Inspektor, es gibt nur einen, ist nicht aufzutreiben.
-Viel Kopfschütteln und ratlose Mienen des Büropersonals. Was nun?
-Entgegen der Vorschriften wird mir nun ohne vorhergehende Inspektion das wichtige Papier der temporären Autoimport-Bewilligung ausgestellt.
-Zurück zum Hafen. Mit dem Papier zur Hafenbehörde, ein Dokument für die Auslösung des Fahrzeuges beantragen und mit 9 Stempeln, Unterschriften und Fingerabdrücken!!! besiegeln.
- Nun zum Hafenmeister und Stunden später endlich zum Suri.
-Wohlbehalten steht er in der hintersten Ecke des Containerhafens. Noch ein Papier, ein Stempel hier und dort und endlich fahren wir aus dem Hafen.
-Geschafft, in nur 1 ½ Tagen!! Und das Beste, total unversehrt!!!
Nun verlassen wir den chaotischen Stadtverkehr von Cartagena Richtung Santa Marta. Hier befindet sich der 15 Meter hohe Mini Vulkan Totuma. Es ist kein Vulkan wie man sich einen solchen vorstellt. Statt Lava und Asche bluppert in seinem Krater ein zäher Schlamm, der produziert wird aus verwesenden organischen Stoffen und mittels Gasdruck an die Oberfläche gespühlt wird. Ich beschliesse, eine Schlammpackung kann meiner in die Jahre gekommener Haut nicht schaden und steige in die zähe Brühe. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, in eine natürliche Schlamm-Badewanne, mit einer Tiefe von angeblich über 2000 Metern zu steigen. Es ist, als bade man in lauwarmer Schokoladen-Diplomatcréme. Aber keine Angst, untergehen kann man nicht. Die Konsistenz ist so beschaffen, dass man immer an der Oberfläche bleibt.
Anschliessen, um Jahre verjüngt, hoffe ich jedenfalls, wasche ich den dunkelbraunen Schlamm in der nahen Lagune mit Hilfe einer junge Kolumbianerin vom Leibe.
Tayrona National Park
Auf dem Weg zum östlich gelegen Nationalpark „Tayrona“, fahren wir an Elendsquartieren der ganz üblen Sorte vorbei. Eigentlich sind es bewohnte Müllhalden. Die Hütten sind aus Papkarton, Wellblech und Erde notdürftig zusammengezimmert. Es ist schlimmer als in Mittelamerika und das Elend seiner Bewohner macht uns betroffen und nachdenklich.
Einer der schönsten und beliebtesten Nationalparks Kolumbien ist der Tayrona. Wir parken in der Nähe der Beach unter Kokospalmen. Ausser uns sind noch zwei andere Reisemobile hier. Heidi und Serge, ein französisches Paar, das in Argentinien gestartet ist mit dem Ziel Alaska und ein paar junge Engländer mit einem Landy.
Trotz unerträglicher Hitze machen wir einen Spaziergang durch den grünen Dschungel. Der Weg entpuppt sich immer mehr als Schlammpfad, da auch die vielen Pferde, die die bequemen Touris auf ihren Rücken transportieren, diese Strecke nehmen.
Am Strand angekommen erkunden wir die Unterwasserwelt mit unserer Taucherbrille. Doch ausser ein paar wenigen Fischen gibt es nichts zu sehen.
Kaum sind wir auf dem Rückweg, fängt es wie aus Kübeln zu regnen an. Der Trampelpfad ist mehr ein Schlammbad und als wir endlich zurück sind, sind wir „pflotschnass“. Wenigstens lässt sich die Affenfamilie durch das miese Wetter nicht beirren, schwingt laut schreiend über unsere Köpfe hinweg und erhellt unseren Gemütszustand.
Die Hitze und die Feuchtigkeit macht uns immer mehr zu schaffen und so beschliessen wir, endlich in die kühleren Berge zu fahren. Die Strasse von Maicao nach Bucaramanga führt am Fusse der Ostkordillere entlang. Immer wieder stoppen wir an einem Kassenhäuschen um Maut zu bezahlen. Auch das Militär- und Polizeiaufgebot ist erstaunlich. Alle paar km werden wir gestoppt und freundlich nach dem Woher und Wohin gefragt. Per Handschlag verabschieden sich die Militärs und wünschen uns eine gute Reise.
Um für vermehrte Sicherheit auf den Strassen zu sorgen, hat die Regierung unter Uribe und seinem Nachfolger, der seit 2 Wochen im Amt ist, Santos, das Militärkontingent drastisch erhöht. Wir hatten mit Kontrollen gerechnet, aber nicht in diesem Ausmass!
Allmählich steigt die Strasse an und windet sich in steilen Kurven auf 1500 Meter zum Nationalpark „Los Estoraques“, beim Dörfchen „La Playa de Belen“.
Hier fühlen wir uns so richtig wohl. Das Klima ist wieder angenehm und die Landschaft einfach traumhaft. Wir stehen 3 Tage auf einem kleinen Parkplatz inmitten einer bizarren Gesteinsformation. Errodierte Türme und Felsnadeln, umgeben dieses Tal. Ein Wanderweg führt durch das Felslabyrinth und lässt uns immer wieder über die aussergewöhnliche Natur staunen.
Dieser Park ist auch bei den Einheimischen sehr beliebt. Seit den USA ist es das erste Mal, dass wir so oft angesprochen werden. Die Leute interessieren sich für uns und das Fahrzeug. Sie freuen sich, dass wir ihr Land besuchen und wünschen uns eine gute und sichere Reise.
Nicht immer ist es einfach, einen sicheren Übernachtungsplatz zu finden. Seit geraumer Zeit schauen wir links und rechts der Strasse nach einem Plätzchen für die Nacht. Jetzt wird es langsam dunkel und noch nichts gefunden. So bleibt uns keine andere Wahl, als auf einem "Truck-Stop" zu übernachten. Meistens sind es gut ausgebaute Tankstellen oder Hotels, die grosse Parkplätze aufweisen, WC und Dusche für die vielen Fernfahrer haben und zudem noch ein Restaurant.
Unsere heutige Bleibe ist jedoch nur ein kleiner Parkplatz für Fernfahrer. Immer wieder kommen und gehen die Trucks, nicht ohne vorher die Motoren aufheulen zu lassen. Zu allem Übel parkiert am späten Abend, wir sind bereits am einschlafen, keinen Meter neben uns, ein solcher Stahlkoloss. Natürlich muss noch allerhand lautstark repariert werden und an einen Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich steige aus, fluche wie ein Rohrspatz aber der Fahrer murmelt nur was in seinen Bart. So bleibt uns nichts anderes übrig, als spät Abens noch umzuparken. Die Nacht wird kurz!
Die Fahrt führt zunächst durch flache Landschaft, aus der sich die Berge sanft erheben. Sie gehören zum Beginn der Amdenkette, die sich durch ganz Südamerika bis hinunter zum Beagle-Kanal in Südpatagonien ziehen. Monate später, so hoffen wir jedenfalls, werden wir in ihren südlichsten Teil blicken. Umgeben von Gletschern am Ende der Welt!
Langsam schraubt sich die Strasse immer höher hinauf. Die waghalsige Serpentinenstrecke, auf der alle paar Minuten ein Lastwagen in der Kurve auf unserer Spur entgegenkommt und wir im letzten Moment noch ausweichen können, führt auf ein Hochplateau auf fast 2000 Meter.
Immer wieder halten wir an, um den Blick frei zu haben für das Natur-Kino aus Andengipfeln und Felsschluchten, in denen sich die Wassermassen des "Chicamocha" Flusses 1000 Meter weiter unten wie eine braune Kobra durchs Gestein schlängelt.
Auf der Hochebene befindet sich der "Chicamocha" National Park. Er ist mehr ein Freizeitpark für die kolumbianischen Familien mit Kinderspielplatz, Restaurants und einer 6 km langen Gondelbahn. Diese führt auf den Canyongrund und auf der anderen Seite des Flusses wieder auf ein Hochplateau. Beim Parkeingang können wir sicher neben der netten Polizeiwache, mit der wir uns noch lange unterhalten, übernachten.
Simon Bolivar, El Libertador
Sehr beeindruckend ist das Denkmal zur Geschichte des Freiheitskämpfers Santander. Auf einem riesigen, bronzenen Tabakblatt wird die Geschichte seines Kampfes dargestellt, wie er mit Ochsengespann Richtung Haupfstadt marschiert. Er ist der eigentliche Vorläufer des Freiheitskämpfers Simon Bolivar. Jenem Herrn, wo nach ihm die grössten Strassen, die Flughäfen, die öffentlichen Gebäude und so weiter und so fort benannt sind. El Libertador, wie er respektvoll von den Einheimischen genannt wird, brachte 1819 dem Land die Unabhängigkeit. im Kampfe gegen die Konquistadoren, die im Auftrag der spanischen Krone ein Weltreich schufen und an Bolivar verloren. Er trug seine Kämpfe und Ideen von einem freien Lateinamerika weit über die Grenzen von Kolumbien hinaus und führte seine Truppen über die Anden und befreite Venezuela, Bolivien, Peru, und Equador. Sein Leben war ein einziger Kampf im Namen der Freiheit und für seinen Traum, den Vereinigten Staaten von Amerika.
Doch genug der Geschichte, wenden wir uns wieder der Gegenwart zu. Die erreicht uns abrupt hinter der nächsten Kurve mit einem lichterloh brennenden Personenwagen. Voller Panik versucht der Fahrer den Motorenbrand zu löschen, währen die Frauen die Koffer in Sicherheit bringen. Sofort eile ich mit meinem Feuerlöscher zu Hilfe. Der ist jedoch viel zu klein und sofort aufgebraucht. Inzwischen staut sich der Verkehr und einige Truckfahrer rennen mit ihren wesentlich grösseren Feuerlöschern zum brennenden Wagen, der wahrscheinlich nicht mehr zu retten ist.
Fazit, wir kaufen so bald als möglich einen grösseren Feuerlöscher!!!!!!
Kolonialstädte
Barichara ist die Sorte Stadt, von der Hollywoods Filmemacher träumen. Und tatsächlich wird eben ein Film gedreht. Die 300 Jahre alte spanische Kolonialstadt, mit ihren weiss getünchten Gebäude und gepflasterten Strassen, ist von einer herben Schönheit. Leider wird aus unserer Filmkarriere wieder nichts, denn als wir uns gerade als Statisten vorstellen möchten, wird alles abgebrochen.
Eine Tagesreise entfernt liegt das restaurierte Städtchen Villa de Leyva auf 2140 Meter Höhe. Es wurde schon früh zum nationalen Denkmal ernannt und so von modernen Bauten wie Büro- und Wohnhochäusern verschont. Bei einem Spaziergang über die Plaza spüren wir das Ambiente der kolonialen Zeit und stellen uns vor, wie die spanischen Kolonialherren sich hier bei diesem angenehmen Klima erholten. Auch heute gilt es sowohl unter den Einheimischen als auch den ausländischen Touristen als beliebtes Reiseziel.
Die Umgebung von Villa de Leyva ist auch für seine Versteinerungen berühmt. Etliche Einwohner leben vom Vekauf von Ammoniten und anderen Fossilien.
Auch wir machen eine Zeitreise von 120 Mio. Jahren und begeben uns etwas ausserhalb zum "El Fosil". Hier ist ein vollständiges Fossil eines Kronosaurus in einem kleinen Museum untergerbacht. Dieses prähistorische Meerestier hat grosse Ähnlichkeit mit einem überdimensionalen Krokodil.
Über die bunt bemalte Handwerkerstadt Raquira, wo es Stapel von frisch gebrannten Tontöpfen gibt, fahren wir weiter nach Zipaquira. Hier wurden in die unterirdischen Stollen einer Salzmine eine riesige Kathedrale aus Salz hinein gebaut. In 5 Jahren wurden dabei Tausende von Tonnen Salz verarbeitet. Seit 1995 ist sie für die Öffentlichkeit zugänglich. So schlendern auch wir durch die Kreuzgänge, die mystisch anmuten durch das dezente Farbenspiel und das Wissen, Mitten in einem Salzbergwerk zu sein.
Weiter geht es in die ehemalige Drogen-Hochburg Medellin. Doch mehr dazu im nächsten Reisebericht.