

Reisebericht 35 / Puerto Natales (Chile) - Buenos Aires (Argentinien) / 20. März 2011 - 24. April 2011 / km 77'400 - 82'300km
Reiseroute: N.P. Torres del Paine, Puerto Natales, Punta Arenas, Punta Delgada (Fähre nach Feuerland), Rio Grande, Uahuaia, Harberton, Estancia Moat mit fast 55° südlicher Breite unser südlichster Punkt, Rio Gallegos, N.P. Monte Leon, Puerto San Julian, der versteinerte Wald bei La Paloma, Puerto Deseado, Cabo Blanco, Caleta Olivia, Comodoro Rivadavia, Camarrones, Cabo dos Bahias, Puerto Madryn, Peninsula Valdés, El Condor, Viedma, Bahia Blanca, Sierra de la Ventana, Azul, Buenos Aires
Campen im Schnee
Nach einem weiteren Grenzübergang nach Chile, wir sind in der Zwischenzeit Grenzübergangs-Profi, fahren wir zum "Torres del Paine Nationalpark". Da dieser Park zu den schönsten National Parks Chiles gehört, wird er jährlich von 130'000 Besuchern frequentiert, trotz der südlichen Abgeschiedenheit.
Besonders Wohl fühlen sich hier Wanderer und Kletterer. Es gibt zwei Möglichkeiten den Park zu erkunden, das "W" oder den "Circuit", die Rundtour. Das "W" dauert 4 Tage, man sieht in kurzer Zeit viele Sehenswürdigkeiten und die Rundtour dauert zwischen 5 und 8 Tagen.
Obwohl die Sonne scheint, sieht die Wetterprognose zwischen schlecht und sehr schlecht aus. "Es kommt ein Sturm auf, bei diesen Verhältnissen werde ich bestimmt nicht im Zelt schlafen", meint Ruth. "Geh du nur, ich mache in der Zwischenzeit einen Ausflug zum Wasserfall".
Also packe ich meinen Rucksack, Zelt und Schlafsack und marschiere los. Vorerst geht die Strecke entlang blaugrüner Bergseen und friedlich grasenden Guanako Herden. Majestätisch kreisen Kondore nur knapp über meinem Kopf. Nach 2 Stunden ist ein Refugio erreicht. Ein grosses Schild ist an der Tür befestigt mit der Aufschrift: "Infolge Saison-Ende geschlossen". Na prima! Ich dachte mir, wenn das Wetter tatsächlich so schlecht wird, kannst du ja immer noch im Schlafsaal anstatt im Zelt übernachten. Was solls, die Sonne scheint und die Landschaft ist atemberaubend. Nach weiteren 2 Stunden ist der kleine Campingplatz inmitten des Kieferwaldes erreicht. Ich stelle mein Zelt auf und steige mit leichtem Gepäck die Geröllhalde zum Aussichtspunkt empor.
Die Schinderei wird belohnt mit einem grandiosen Blick zu den steil aufragenden Granit Nadelspitzen. 3 Türme zwischen 2000 und 3000 Meter, mit nahezu senkrechten Felswänden an denen sich Gletscher festklammern, tronen über einer mit Eisbergen bespickten Lagune.
Von Westen her nimmt der Wind stetig zu und die bleischwerden, dunklen Wolken kommen immer näher. In der Nacht tobt das Gewitter direkt über meinem Schlafplatz. Wieder einmal stellt sich heraus, dass das Zelt nicht wasserfest ist und es tropft von allen Seiten ins Innere. So verbringe ich die Nacht mit dem Festhalten des Zeltes, damit es nicht weggewindet wird und dem trocknen des Bodens. Morgens um 5 Uhr hat der Regen in Schnee umgeschlagen und es ist Zeit, bei völliger Dunkelheit das Zelt abzubrechen, damit ich rechtzeitig zurück bei Ruth bin, wie versprochen. Bei eisigen Winden, Schneegestöber und dicken Nebelschwaden, wo der Strahl der Stirnlampe nicht einmal bis zum Boden reicht, stolpere ich zurück durch den Wald zum Suri.
Stunden später, im wohlig warmen Camper, wo auch schon das Frühstück auf mich wartet, geniesse ich den Luxus eigener 4-Wände und gedenke der vielen Wanderer, die in diesem Moment auf einer Mehrtages-Etappe sind.
Klopf, Klopf, es klopft an unserer Tür. "Seit ihr die Bäckersleut aus Stans, Nidwalden"?
Vor der Tür steht ein junges Backpacker Paar und schaut uns fragend an. "Ja, das sind wir" sagen wir erstaunt zu ihnen.
Vor kurzem teilte uns Dora und Markus Zumbach, von der gleichnamigen Bäckerei in Underägeri, in einem E-mail mit, dass ihre Tochter mit Freund auf einem Jahrestrip durch Südamerika seien. So dachten wir noch, wo sind die wohl und nun stehen sie vor unserer Tür. Wir alle konnten es kaum fassen und wieder einmal stellte sich heraus, wie klein doch die Welt ist.
Feuerland, wo der Südpol beginnt....
Ushuaia ist die südlichste Stadt der Welt. Das alleine schon sollte eine Reise wert sein. Für uns jedoch geht eine Etappe zu Ende. Unzählige Male wurden wir gefragt: "Von wo seit ihr gestartet und wohin soll die Reise gehen"? Unsere Antwort war immer: "Nach Ushuaia, Feuerland, das ist unser Ziel". Nun sind wir hier und halten Rückschau. Fast 80'000 km durften wir in den vergangenen 2 Jahren unfallfrei, gesund und ohne grössere Probleme durch Nord- Mittel- und Südamerika fahren. Haben unzählige interessante, nette und hilfsbereite Menschen kennengelernt und eine faszinierende Landschaft erlebt. Es ist wieder einmal an der Zeit, dankbar zu sein. Dazu gehören auch ihr, liebe Leser, denn durch euren E-mail Kontakt haben wir immer einen direkten Draht nach Hause oder anders wo. Solche Verbindungen sind auf einer langen Reise, wie die unsere, enorm wichtig. Wir haben ja nicht die Absicht auszuwandern, den unsere Wurzeln sind immer noch in der Schweiz. Auch dafür können wir uns glücklich schätzen. Eben kam ein Mail rein, danke Bibi, mit den Worten, "Nach all dem Unglück in Japan, den Kriegen in Afrika und dem nahen Osten, sind wir froh, Schweizer zu sein".
Doch zurück zu unserer Reise und ein wenig Hintergrundinfo.
Feuerland besteht aus einer grossen Insel, wo eine von Nord nach Süd velaufende Grenzlinie den chilenischen Westen vom argentinischen Osten trennt und vielen kleineren, meist unbewohnten Inseln. Als Europäer zum ersten Mal die Magellanstrasse überquerten, die Feuerland vom Rest des Landes trennt, erhellten die vielen Feuerstellen der Yahgan Indianer die Küste. Daher der Name Feuerland.
Im nördlichen Teil der Insel, dem chilenischen, fahren wir durch eine Steppen Landschaft, die ganz den grasenden Schafen gehört. Die ganz grosse Freiheit wird jedoch von den Zäunen links und rechts der Strasse ziemlich eingeengt. Ist dennoch einmal eine Lücke, so fahren wir schnell rein und beziehen mitten in der Pampa unser wildromantisches Nachtlager. Jedoch sind wir hier dem patagonischem Wind vollkommen ausgeliefert. Obwohl wir mit der Nase genau im Wind stehen, greift der Sturm nach unserem Wagen und schüttelt ihn nach allen Seiten. Der Wind, die Naturgewalt Patagoniens, hat uns fest im Griff. Wir kommen uns vor wie in einer Waschmaschine. Dieser orkanartige Westwind, unterhalb des 50. Breitengrades, stürmt hier fast das ganze Jahr. Auch ohne Sonne oder Wind können wir leicht die verschiedenen Himmelsrichtungen bestimmen, denn der permanente Westwindsturm lässt alle Bäume nur gegen Osten wachsen. (siehe Photos)
Von Ushuaia fahren wir südöstlich Richtung "Estancia Harberton". Die Strecke führt uns durch Nadelwald und raues Bergland entlang des Beagle-Kanals. Wie ein Spalier aus Dämonen stehen links und rechts der Strasse die verkrüppelten Bäume. Ihre gekrümmten Äste mit langen Moosbärten behangen sehen aus, wie in Qualen erstarrte Körper, die auf ahnungslose Opfer ihres Zorns warten.
Man merkt, dass hier der Winter lang ist und über viele Monate eisiger Wind bläst, nach dem sich Baum, Strauch, Gras, Moos und Flechte auszurichten hat.
Die Estancia hat vor einigen Jahren mit der Schafzucht aufgehört und lebt nun vom Tourismus. Auf einer Tour durch die ehemalige Schaffarm erfahren wir interessantes über das Leben in alten Zeiten. Hier eine kurze Zusammenfassung.
In England wurde im Jahr 1844 unter einer Brücke ein Findelkind gefunden. Da auf seinen Kleidern ein T sichtbar war, wurde das Kind Thomas Bridges (Bridge = Brücke) genannt und wurde von einem Missionar-Ehepaar adoptiert. Im Alter von 13 Jahren zog die Missionars-Familie auf die Falklandinseln, um die Eingeborenen zu unterrichten. Dabei erlernte der junge Thomas die Eingeborenensprache Yahgan. Mit 21 Jahren gründete er die Mission in Ushuaia und war der erste Europäer, der erfolgreich in Feuerland lebte.
Unter anderem erarbeitete er ein Wörterbuch - Yahgan / Englisch - das einzig übrig gebliebene sprachliche Zeugnis, das von den ehemaligen Ureinwohner von Feuerland noch existiert.
Im Alter von 40 gelangte er mit der Bitte, Land für sich und seine Familie zu erhalten an den argentinischen Kongress und bekam das Grundstück auf Feuerland. Dieses nannte er nach dem Herkunftsort seinr Frau, Harberton (GB). Danach lies Thomas Bridges in England ein Haus bauen, dies wieder Stück für Stück abbauen, die Teile numerieren und verschiffte es in seine neue Heimat. Somit ist dieses Gebäude wohl das erste Fertighaus in Südamerika.
Da die Wollpreise von einigen Jahren in den Keller gesunken sind und sich nicht mehr erholten, hat auch die Estancia Harberton mit der Schafzucht aufgehört und lebt nun vom Tourismus. Der heutige Besitzer , Thomas Goodall, gehört zur vierten Generation der Bridges und lebt wie seine Vorfahren auf der Farm.
Sehr sehenswert ist das Museum, das sogenannt Knochenhaus, das von Natalie Goodall gegründet wurde. Hier arbeiten einige amerikanische- und europäische Biologie-Studentinnen, die uns sehr enthusiastisch durch die Anlage führen. An den strengen Verwehsungsgeruch müssen wir uns zuerst gewöhnen. Etliche Skelette von Meeressäugetieren die hier ausgestellt sind, wurden nördlich von Rio Grande gefunden. Sarah, unsere junge Studentin meint: "In dieser Bucht zieht sich das Meer infolge Flut und Ebbe bis zu 11 km weit vom Strand zurück. Viele Wale und Delphine schaffen es einfach nicht mehr, in so kurzer Zeit in tiefere Gewässer zu schwimmen. Wale schwimmen meistens in grösseren Verbänden mit einem Anführer. Wenn dieser strandet bleibt die ganze Gruppe bei ihm und verendet, was wie ein Massenselbstmord aussieht. Das sind dann die ganz tragischen Fälle".
Message in a bottle
Wir fragen um Erlaubnis und können kostenlos auf dem weitläufigen Gelände der Estancia übernachten, direkt am Beagle Kanal. Hier treffen wir wieder auf unsere Schweizer Reisefreunde Yvonne und Raphael. Wie wir, haben auch sie hier unten in Tierra del Fuego ihr südlichstes Reiseziel erreicht. Das muss gebührend gefeiert werden und zwar in Form einer Flaschenpost. "Leider" müssen wir zuvor noch den Chardonnay austrinken, damit wir überhaupt eine leere Flasche haben! Die Nachricht, mit der Aufforderung an den Finder, uns einen Brief oder ein E-mail zu schicken, wird mit einigen Dollars und Schweizer Ansichtskarten gut verschlossen und anschliessend ins südliche Polarmeer geworfen. Wir wünschen viel Glück und schauen ihr noch lange hinterher, wie sie von der hohen Dünung ins weite Meer hinaus getragen wird.
Obwoh das Wetter alles andere als einladend ist, besuchen wir den National Park "Tierra del Fuego", der sich direkt am Beagle Kanal befindet. Hier segelte einst Charles Darwin an Bord der legendären "Beagle" vorbei. Wir jedoch bleiben an Land und machen kleine Wanderungen durch farbeinprächtige, herbstgeprägte "Lenga" Wälder. Feuerrot leuchten die Südbuchen und Kaninchen in grosser Zahl hüpfen übermütig durch die dichte Vegetation.
Nicht heimische, nordamerikanische Biber haben ihre Ingenieur-Kenntnisse an kunstvoll aufgestauten Dämmen angewendet, doch vom Baumeister ist nichts zu sehen. Da sie viele Schäden anrichten, wurden sie in letzter Zeit von den Park Rangern stark dezimiert.
Es ist bitterkalt und der Wind pfeifft durch alle Ritzen! Der Winter naht und alle Berge um uns sind schon schneebedeckt. Doch bevor es endgültig nordwärts geht, essen wir noch ein gemütliches "Barilla" zusammen mit "Bruce und Leslie". Diese beiden waren mit einem Mercedes Unimog ebenfalls von Alaska nach Feuerland unterwegs und wir haben sie hier in Ushuaia das 7x angetroffen, ohne dass wir je etwas abgemacht hätten.
Nun hat es auch uns erwischt!
Vor einigen Tagen, als wir auf Feuerland südwärts fuhren, hielten wir bei einem Fahrzeug an, das am Strassenrand stand. Ein Ehepaar war damit beschäftigt, die Glassplitter der ehemaligen Windschutzscheibe im Wageninnern zu entfernen. So fragten wir, ob wir helfen könnten, denn wir befanden uns weit ab jeglicher Zivilisation.
Er meinte: "Vor ein paar Minuten kam mir viel zu schnell ein PW auf der Schotterstrasse entgegen und schleuderte einen Stein direkt in meine Scheibe. Ein riesen Knall und die Windschutzscheibe zerbrach in tausend Splitter. Zum Glück wurden wir nicht verletzt. Wir fahren nun zur nächsten Garage und lassen den Schaden beheben."
So verabschiedeten wir uns voneinander und fuhren weiter. Wo wollen die noch hin? Die nächste Garage ist mindestens 300 km entfernt und ob die wohl eine Scheibe für dieses Modell haben?
Doch die Menschen im tiefsten Patagonien hatten schon längst gelernt zu improvisieren. Anders wäre ein Überleben in diesem Teil der Welt kaum möglich.
Jetzt, 2 Wochen später, auf unserem Weg nach Norden, kommen wir an derselben Stelle wieder vorbei aber mit dem Unterschied, dass es bei uns knallt. Ein Stein hat unsere Windschutzscheibe getroffen und vom Loch aus zieht sich ein Riss immer weiter gegen die Mitte. 90% der Fahrzeuglenker nehmen auf Schotterstrassen Rücksicht aufeinander und fahren langsam aneinander vorbei, um Steinschlag zu vermeiden. Es gibt jedoch immer wiede unverbesserliche Raser, die trotz unserer Lichthupe ihren Bleifuss nicht vom Gaspedal nehmen und das Resultat haben wir nun!
Am nächsten Tag setzen wir bei Puerto Espora, dem engsten Punkt der Magellanstrasse, zum Festland über. Auf der Überfahrt sehen wir zum ersten Mal die "Commerson-Delphine", wie sie spielend vor der Bugwelle der Fähre schwimmen und plötzlich die Wasseroberfläche in hohen Bogensprüngen durchbrechen. Diese akrobatischen Delphine sieht man oft in den seichten Küstengewässern Patagoniens. Ausgewachsene Tiere sind mit einer Länge von 1,5 m recht klein, dafür aber leuchtend schwarz und weiss gefleckt, mit einer rundlichen Rückenfinne.
40 Minuten später haben wir wieder Festland unter den Rädern und ein paar Stunden später die argentinische Grenze erreicht. In den vergangenen Wochen haben wir so oft die Grenzen zwischen Argentinien und Chile überquert, dass wir manchmal selbst nicht mehr wissen, in welchem Land wir uns befinden und mit welcher Währung bezahlt wird. Dies ist nun vorbei, jetzt verlassen wir Chile für immer oder besser gesagt, für dieses Jahr!
Über Rio Gallegos fahren wir auf der landschaftlich uninteressanten Ruta 3, die von Ushuaia bis nach Buenos Aires führt, zum Naturreservat Monte Leon.
Ein dramatischer Küstenabschnitt windet sich um eine eindrucksvolle Landspitze. Obwoh es uns fast von den Klippen weht, machen wir noch eine Wanderung zu den Magellanpinguinen. Auf dem Weg dorthin, warnen uns immer wieder Schilder mit der Aufschrift: "Nicht alleine wandern", "Achtung Pumas", "langsam rückwärts laufen, wenn ein Puma auf sie zukommt", "wedeln sie mit den Armen, wenn sie einen Puma sehen".
Leider lassen sich bei diesem windigen Wetter und nun fängt es auch noch zu regnen an, keine Wildkatzen blicken. Futter hätten sie jedoch genug bei den vielen Guanakos und den Magellanpinguinen am Strand.
Erst mit dem Verlassen der öden und verkehrsreichen Ruta 3 ins Landesinnere zeigt sich Patagonien wieder von seiner interessanten Seite. Wie in grauer Vorzeit liegen hier noch riesige Estancias einsam und verlassen in der weiten Steppe.
Um dem Lärm der Campingplätze zu entgehen, viele Durchreisende veranstalten auch nach Mitternacht einen höllen Krach, der jeden Schlaf verunmöglicht, fragen wir auf Farmen, ob wir auf ihrem Gelände übernachten können. Nie wurden wir abgewiesen und meistens entstanden durch diese Weise interessante Bekanntschaften. Hinter den Zäunen oder Holztoren ist noch immer die ursprüngliche, gastfreundliche Mentalität der Patagonier vorhanden.
Der versteinerte Wald
Im Jura, nicht im Berner Jura, sondern vor 150 Millionen Jahren, herrschte in dieser Gegend ein feuchtwarmes Klima. Wir befinden uns nicht mehr an der Küste, sondern 100 km landeinwärts im versteinerten Wald des National Parks "Bosques Petrificados".
Zu dieser Zeit war die Landschaft geprägt von Wäldern mit grossen Schuppentannen, den Araukarien und Schuppenfichten. Dinosaurier und sonstiges urtümliches Getier zog durch dieses fruchtbare Tal, wo der amerikanische Kontinent noch mit Afrika verbunden war. Im Hintergrund sehen wir noch den Vulkan, der die ganze Gegend vor 150 Millionen Jahren bei seinem Ausbruch vollkommen eingeäschert hat. Im Laufe der Jahrhunderte führten Wind, Wasser und die mineralhaltige Vulkanasche dazu, dass die Bäume langsam versteinerten.
Etliche Jahre später kamen die versteinerten Bäume durch Erosion wieder zum Vorschein und liegen nun vor uns. Wir wandern entlang eines Pfades an den 35 Meter langen Baumriesen entlang, die Aussehen, als wären sie eben erst gefällt worden. Überall liegen "Äste" und "Holzsplitter" herum und am liebsten würden wir gleich ein Lagerfeuer entfachen. Ob die versteinerten Bäume wohl brennen? Eher kaum! Trotzdem, wenn wir sie nicht selbst berührt hätten, die glatten, steinharten Jahrringe befühlt hätten, die dunkle Rinde gesehen hätten, wir könnten den Unterschied zu normalem Holz kaum feststellen.
Damit nicht noch mehr geplündert wird, wurde das Areal 1954 unter Schutz gestellt.
Die Pinguin Stadt
In Puerto Deseado möchten wir gerne eine Tour zu den seltenen "Rockhopper" Pinguinen machen. Leider ist die Saison Anfang April schon vorbei und die Tour-Büros haben alle geschlossen. So fahren wir entlang des Rio Deseado und übernachten direkt vor einer kleinen Insel mit Magellanpinguinen. Am nächsten morgen frühstücken wir mit Café und Butterbrot und bei unseren Nachbarn gegenüber gibts es Fisch obwohl es gestern schon Fisch gab. Doch, so glauben wir jedenfalls, keiner möchte tauschen!
Bei Caleta Olivia besuchen wir noch eine Seelöwen-Kolonie, bevor wir zu einer der grössten Pinguin Brutstätten Amerikas fahren. Holzstege führen mitten durch die Pinguinkolonie. Etliche Tausend kommen jedes Jahr zwischen September und April hierhin, um ihre Nester zu bauen. Cabo dos Bahias ist eine wahre "Pinguin-Stadt". Jetzt im April, sind die Jungen schon seit 3 Monaten geschlüpft und warten nun geduldig, dass ihnen die letzten Flaum-Federn abfallen, damit sie auf Fischfang gehen können. Mit gespreizten Flügeln watscheln sie vor uns über den Steg, um zum Meer zu gelangen. Andere schauen drollig aus ihren Nisthöhlen und wissen nicht so genau, was sie mit dem heutigen Tag anfangen sollen. Es schein jedoch eine einheitliche Garderobe zu geben. Wie ein stolzer Bräutigam schreiten die Tiere mit ihrem schwarzen Frack nicht dem Traualtar entgegen, sondern zu den fischreichen Gewässern. Sie lassen sich durch uns nicht stören und so schauen wir ihnen stundenlang bei ihrem Treiben zu.
Achtung Killerwale
Schon seit Tagen fragen wir uns, sollen wir den Umweg über die Peninsula Valdes überhaupt machen? Dieses Tierschutzgebiet beherbergt etliche Seelöwen, See-Elephanten, Magellanpinguine und zahlreiche Seevögel. Die grösste Attraktion der Halbinsel sind jedoch die "Südlichen Glattwale", die sich jedes Jahr zwischen Juli und Dezember zur Paarung hier treffen. In dieser Zeit kann man die mit Muscheln überzogenen Meeressäuger hier aus nächster Nähe beobachten.
Nun haben wir aber schon April und die Wale haben sich längst in andere Gebiete verzogen. Laut unserem Reiseführer soll es in dieser Zeit noch "Orcas" geben, aber die sind nur mit einer Wahrscheinlichkeit von wenigen % überhaupt zu sehen. Als wir uns wieder mal fragen, sollen wir oder sollen wir nicht gehen, kommt eben ein SMS von unseren Freunden: "Hurra, wir haben eine ganze Familie von Orcas gesehen".
Jetzt wird uns die Entscheidung leicht gemacht, nichts wie hin!
Beim Visitor-Office meint der Ranger: "Die letzten Tage wurden keine gesichtet, aber in dieser Zeit schwimmen die angeblichen "Killerwale" gerne zum "Punta Norte" um einige der nichtsahnenden Seelöwen zu reissen."
Ganz aufgeregt fahren wir zum Nord Kap, denn die "Orcas" sind nur 2 Std vor und 2 Std nach der höchsten Flut dort anzutreffen. Natürlich sind wir hier nicht die einzigen. Touristen und Tierfilmer aus der ganzen Welt stehen schon mit riesigen Teleobjektiven bereit, sollten die "Killerwale" sich blicken lassen und die unter uns liegende Seelöwen-Kolonie angreifen.
Wir erinnern uns noch genau an die Tierfilme, wo die "Orcas" plötzlich pfeilschnell aus dem Wasser aufgetaucht sind und sich an Land eine Roppe geholt haben. Anschliessend haben sie sich mit der Beute im Maul vom Strand zurück ins Meer gewältzt und bevor sie sie frasen, noch ein paar Mal durch die Luft geschleudert.
Diese Szenen wurden an diesem Strand gedreht.
Nach Stunden des Wartens plötzlich ein Schrei: "Dort kommen sie"!
Alle sind aufgeregt, die Touristen sowie die Seelöwenkolonie, wo die Seelöwenweibchen schleunigst ihre Jungen aus dem Wasser zurückpfeiffen. Eine sogenanne Schule von 8 Tieren tummelt sich plötzlich im seichten Wasser und immer wieder schieben die schwarz-weiss gefleckten Tiere ihre massigen Körper aus dem Wasser, springen oder schlagen mit der Flosse aufs Wasser.
Killerwale können bis zu 9 Meter lang werden und bis zu 6 Tonnen schwer. Die Rückenfinne gar 2 Meter gross.
Die Killerwale umkreisen zwar die Seelöwenkolonie, aber anscheinend haben sie schon gefrühstückt und so schwimmen sie wieder
in tiefere Gewässer, nicht ohne uns zuvor mit der Rückenfinne noch zuzuwinken. Das war ein einmaliges Erlebnis.
Zurück auf der Ruta 3 bleiben uns immer noch 1500 km bis Buenos Aires. Das einzige das sich verändert sind die Strassenschilder mit der Aufschrift: -km 1480,-km 1475, -km 1470, bis zu unserem Ziel Buenos Aires -km 0.
Eine willkommene Abwechslung zur monotonen Fahrerei bieten die Loros von "El Condor". Hier haben sich in den Klippen der hohen Steilwand über 35'000 Papageien eingenistet.
Direkt vor der grössten Papageien Kolonie der Welt parken wir unser Wohni und verbringen zusammen mit 2 Berliner Weltenbummler die Nacht am Strand.
Schon früh am nächsten Tag ist der Teufel los. Kreischend verlassen die Loros ihre Nisthöhlen und verdunkeln die Sonne, wenn sie im Tiefflug mit ohrenbetäubendem Getöse über unsere Köpfe düsen. Ginge dies nicht auch leiser, fragen wir uns?
Im kleinen Ort "Sierra de la Ventana" lernen wir den Schweizer Peter kennen, der uns sogleich zu einer Volklore Tanzvorführung mitnimmt. Anschliessend gibt es ein "Asado", ein Grillfest, mit Unmengen von verschiedenen Fleischsorten. Auch wir lassen uns Anstecken von der lustigen und ausgelassenen Stimmung der Südamerikaner und schwingen eifrig das Tanzbein, um wenigstens ein paar Kalorien wieder abzubauen. Erst morgens um 3 Uhr sind wir wieder todmüde beim Suri zurück.
Die 13 Millionen Stadt
Stundenlang fahren wir durch die Vororte dieser Mega Metropole, bis wir schliesslich direkt am Rio de la Plata, nicht weit entfernt von der Innenstadt, auf einem 24 Std. Parkplatz eine Bleibe für die nächsten paar Tage finden.
Der Platz ist alles andere als ruhig. Nicht weit entfernt führt die 4-spurige Strasse an uns vorbei und die Fähre nach Uruguay hält unmittelbar vor unserem Wohni.
Doch die Vorteile überwiegen. Die Polizeistation ist in der Nähe und ins Stadtzentrum ist es nur ein Katzensprung.
Über Buenos Aires könnte man Bücher füllen. Rund um den "Plaza de Mayo", befindet sich das Business-Viertel, wo sich Geschäftsleute und Touristen gleichermasen drängeln. Hier trennen wir uns, (nur vorübergehend) denn die km-lange Fussgängermeile übt auf Frauen eine besondere Faszination aus. Da bleibe ich lieber in einenem Café und hoffe, dass Ruth nach ihrer Rückkehr nicht zu viele prallgefüllte Säcke anschleppt.
Apropos Cafés! Buenos Aires hat eine lange Café-Tradition und die Einwohner verbringen Stunden vor einem Espresso und diskutieren über die Probleme der Welt. Auch wir sind von den klassischen Cafés begeistert. Diese reich an Geschichte und mit einem altmodischen Ambiente ausgestatteten Lokale eignen sich bestens, um die Einheimischen zu beobachten und dabei genüsslich einen kleinen Schwarzen zu schlürfen.
Reisepause
Seit unserem letzten Besuch in der Heimat ist nun auch schon ein Jahr vergangen. In dieser Zeit haben wir eine solche Vielfalt an Erlebnissen und Eindrücke in uns aufgenommen, dass wir nun beschlossen haben, eine Auszeit vom Reisen zu nehmen. Am 5. Mai werden wir für 3 1/2 Monate in die Schweiz zurückfliegen und danach unsere Reise fortsetzen. Den Suri lassen wir in dieser Zeit in Uruguay, da dieses Land weniger Probleme mit einem ausländischen Fahrzeug macht.
Wir würden uns natürlich freuen, wenn wir euch / dich in der Schweiz wiedersehen und wir zusammen plaudern könnten.
Der nächste Reisebericht wird wohl erst im nächsten September erscheinen.
In diesem Sinne alles Gute und bis später.
